BGH: Verbraucherfreundliches Urteil zu Prämiensparverträgen

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06.10.2021

Am heutigen Tag hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20) erstmals über eine Musterfeststellungsklage zu Prämiensparverträgen entschieden.

Gegenstand des Verfahrens war eine in Prämiensparverträgen der Sparkassen übliche Zinsanpassungsklausel mit folgendem Wortlaut:

"Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum bekannt gegebenen Zinssatz. Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes, unabhängig von einer Kündigungsfrist, mit der Änderung des Aushangs in Kraft, sofern nichts anderes vereinbart ist."

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese Klausel wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam ist.

Folge der Unwirksamkeit ist, dass die entstandene Regelungslücke durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu füllen ist. Hierzu hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen folgende Vorgaben für die Anpassung des Zinssatzes gemacht:

  • Nach dem Konzept der auf ein langfristiges Sparen angelegten Sparverträge ist es interessengerecht, einen Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz für die Verzinsung der Spareinlagen heranzuziehen.

  • Die Zinsanpassungen sind nach der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung in einem monatlichen Rhythmus vorzunehmen, weil der für langfristige Spareinlagen in Betracht kommende Referenzzinssatz in der von der Deutschen Bundesbank erhobenen Zinsstatistik monatlich veröffentlicht wird.

  • Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist weiter davon auszugehen, dass bei den Zinsanpassungen der anfängliche relative Abstand des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz beizubehalten ist. Auch dies ist verbraucherfreundlich, weil so verhindert wird, dass der Zins unter null absinken kann.

  • Die Ansprüche der Verbraucher auf weitere Zinsbeträge aus den Sparverträgen werden frühestens ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung fällig. Dieser Teil der Entscheidung ist für Verbraucher besonders positiv, weil dies bedeutet, dass Ansprüche auf Zinsnachzahlungen aus zurückliegenden Jahren nicht während des Bestehens des Prämiensparvertrags verjähren können und noch bis Ablauf des dritten Jahres nach Beendigung des Sparvertrags durchsetzbar sind. Wurde z.B. ein Sparvertrag im Jahr 2018 beendet, verjähren Ansprüche auf Zinsnachzahlungen aus dem gesamten Vertragsverhältnis erst mit Ablauf des 31.12.2021.

Es dürften auf der Grundlage des heutiges Urteils des Bundesgerichtshofs einer Vielzahl von Prämiensparern Nachforderungen gegenüber ihrer Sparkasse oder Bank zustehen.

Wir überprüfen gern Ihre Prämiensparverträge (z.B. S-Prämiensparen, Bonusplan, Vorsorgesparen) und vertreten Sie gegenüber Ihrer Bank oder Sparkasse bezüglich der Durchsetzung von Zins-Nachforderungen.

Andreas Hampe, MLE

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht